Monday, October 17, 2011

Chapter 1 - La France

La France


Ach, wie schoen waer doch so'n Teilchen....


La Café

Madita und ich ziehen durch Grenobles Straßen. Unser Gepäck liegt noch im besetzten Haus, in dem wir heute Nacht geschlafen haben und in ein paar Stunden treffen wir uns mit den anderen und wollen weiter zu einem Frauenkollektiv in den Bergen. Meinen Laptop hab ich mir unter den Arm geklemmt und sehe mich in Gedanken in einem charmanten kleinen französischen Café, wo ich bei Café Crème und W-Lan das beschauliche Kleinstadtleben à la Jouer-au-boules und La-fabulous-destin-d’Amélie Poulin an mir vorüber ziehen lassen kann, während ich über das Erlebte nachsinniere. So schlendern wir aus den grauen Wohnblöcken der Rue des Eaux Claires in die warme Altstadt, plaudern über Gruppendynamik und kaufen die kitschigsten Postkarten, die wir finden können. Endlich sind alle kleinen Erledigungen getan und es ist Zeit für unseren Café à la France! Viele kleine Cafés mit hübsch gedeckten Tischen säumen die pittoresquen Altstadtgässchen. Ach, wenn da doch nur nicht die Preise wären! Madita schielt schon auf die verglasten Preistafeln, während ich sie ungeduldig am Arm weiterziehe: „Komm schon, ist doch viel zu touristisch hier, ein paar Blocks weiter und wir kriegen nen Kaffee zum Normalpreis!“ So ziehen wir ein paar Blocks weiter, aber der Preis bleibt überhöht. Das containerte Essen in meinem Magen grummelt – für das Geld könnten wir `ne tolle Mahlzeit für 5 Personen kochen! Maditas Blick wird immer sehnsüchtiger, während wir eines nach dem anderen der schönen französichen Cafés hinter uns lassen und die Straßen langsam immer weniger charmant werden. „Ach, irgendwo müssen die Leute aus den Wohnbaracaken der Rue des Eaux Claires ja auch ihren Café trinken und zahlen bestimmt nicht 2.80€ dafür!“ Die kleine Flamme der Hoffnung in Maditas Augen auf ihren stilechten französischen Kaffee beginnt zu flackern „naja, sonst können wir ja auch schonmal zum besetzten Haus zurück und uns so einen Instantcoffi machen...“ „Ach Quatsch, ich will doch auch einen Kaffee und sowieso – das W-Lan!“ Wir biegen ab – endlich sind wir wieder in einer richtig hässlichen Hauptverkehrsstraße. „Da! Siehste! Dönerbude – das ist bestimmt billiger!“ Die Dönerbude hat aber keinen Kaffee, genauso wenig der kleine Inder kurz danach. „Ach weißte, sonst könnten wir ja doch einen Kaffee zu Hause machen...“ Wir schauen auf die Karte an der Bushaltestelle, wie wir am besten zurück in die Rue des Eaux Claires kommen – es ist auch schon gar nicht mehr so weit! Als wir über die Straße gehen wollen, sehen wir sie – die Brasserie an der Ecke. Noch die gleichen Möbel und Tapete wie vor 50 Jahren zur Eröffnung ist sie grau und rauchig. Drei Männer mit roten Köpfen trinken ihren Schnaps an der Theke. Eine Frau mit Kinderwagen stillt ihr Kind und ließt Zeitung. Ein uralter Mann ist alleine zum Mittagessen gekommen. Eine alternde Frau mit kratziger Stimme ist die alleinige Bedienung. Für 1.20 gibt’s nen Espresso und für 1.40 nen Espresso mit nem Schuss Milch – Noisette! Und W-Lan ist gratuit! Ich strahle „Siehst du, genau sowas hatte ich gesucht! Hier gehören wir hin!“ Madita guckt sich einen kurzen Moment um. Die Flamme erlischt und wird durch eine andere ersetzt. Sie strahlt zurück und bestellt Noisette.

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